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#19 Nikolaus Special: Strafe & Belohnung

Ein ganz neues Format: Wir interviewen im Vorfeld zur Wanderung neue Gäste, die Experten in bestimmten Themenfeldern sind. Den Anfang macht Sheryl Geitner zum Thema Erziehung: "Strafe & Belohnung". Das passt doch wie die Faust aufs Auge zum großen Buch vom Nikolaus, oder?





 

DG: David Geitner

DN: David Naßler


Gäste:

Sheryl Geitner




DN: Also wie ging nochmal kurz das Nikolauslied?


ALLE: Lasst uns froh und munter sein, und unser recht von Herzen freuen. Lustig, lustig, trallala lala, bald ist Nikolausabend da. Bald ist Nikolausabend da. Herzlich Willkommen zum Nikolausspecial. Ja, heute sprechen wir über-.


DG: Den Nikolaus!


DN: Den Nikolaus und natürlich auch passend zum Nikolaus Strafe und Belohnung. Und ja, damit wechseln wir auch gleich zu unserem Special Interview Guest, zur Sheryl. Ich bin sehr gespannt, was Sheryl zu den drei Fragen, die ich mitgebracht habe, antworten wird.

So, ich sitze jetzt hier mit Sheryl, der Frau von David. Herzlich Willkommen, Sheryl.


Sheryl: Hallo, schön, dass ich da sein darf.


DN: Ja, sehr gerne. Sheryl ist Erzieherin und Diakonin und arbeitet als pädagogische Fachkraft in einem Kindergarten und ist auch Mutter vom Tim, den habt ihr ja schon ein paarmal gehört im Podcast. Beginnen wir erst mal mit einer vielleicht rhetorischen Frage. Erzieht ihr euer Kind gut?


Nina: Also ich hoffe schon. Er ist mittlerweile dreieinhalb Jahre und geht fleißig in den Kindergarten und kommt in seiner Welt gut zurecht, deswegen glaube ich schon. Es gibt da so ein witziges Zitat von Jesper Juul. Er war Familientherapeut und der hat gesagt: "Ihr könnt eure Kinder erziehen, wie ihr wollt. Das ist total egal, denn die machen euch eh alles nach." Soll heißen-.


DN: Vorleben, nachleben.


Sheryl: Genau, es gibt keine schlechten Vorbilder, es gibt keine guten Vorbilder, es gibt einfach nur Vorbilder.


DN: Okay, ja großartig. Und wie habt ihr gelernt, euren Sohn zu erziehen? Also klar, es ist jetzt dieses Vormachen, Nachmachen, aber habt ihr euch da irgendwie groß beschäftigt damit? Irgendwelche Bücher gelesen oder-?


Sheryl: Also mir war es tatsächlich vor der Geburt wichtig, mich damit zu beschäftigen, was braucht so ein kleines Baby und wie ist das die ersten Lebensmonate? Ich muss zugeben, mit dem Thema Erziehung habe ich mich am Anfang gar nicht beschäftigt. Das kam später, als die erste Trotzphase dann vom Tim mit anderthalb war, wo man dann an seine eigenen Grenzen kommt. Und da habe ich dann tatsächlich angefangen, Bücher zu lesen von bekannten PädagogInnen, die sich mit dem Thema Erziehung, mit moderner Pädagogik auch auseinandergesetzt haben.


DN: Jetzt habe ich ja vorhin gesagt, du bist Erzieherin. Setzt der Beruf Erzieherin wahrscheinlich erst in den späteren Jahren an, oder? Wie alt sin denn die Kinder die du betreust in deiner Arbeit?


Sheryl: Momentan sind die zwischen drei und sechs Jahre.


DN: Drei und sechs, okay. Aber so die vorherigen Jahre, lernt man so was in der Ausbildung?


Sheryl: Ja, lernt man schon, aber in der Ausbildung beschäftigt es sich eher um das Thema Bindung, Bindungstheorie. Wie können Kinder gut in der Krippe ankommen? Das war kritisch eine Zeit lang. Denn die Mutter ist ja nicht mehr so im Alltag dabei. Das Kind ist in der Krippe und was hat das für Auswirkungen? Und in die Frage: Wie erziehe ich Kleinkinder? Das war erst in der praktischen Ausbildung ein größeres Thema.


DN: Jetzt spielt ja Strafe und Belohnung schon auch eine wichtige Rolle in der Erziehung. Wie lebt ihr das?


Sheryl: Ja, also wir wissen, aus unserer Ausbildung, dass Strafe und Belohnung auf der Ebene der Lerntheorie eigentlich nichts bringt. Ich versuche, ein Verhalten des Kindes zu manipulieren, um es vielleicht mit einem guten Gedanken in eine bestimmte Richtung zu drängen. Ich verändere aber seine Haltung nicht damit.


DN: Okay, kannst du es konkreter machen?


Sheryl: Also ich kann sagen: "Tim, räum jetzt dein Zimmer auf, sonst darfst du morgen kein Paw Patrol schauen." Ja, und dann wird er es vielleicht machen, aber die Einsicht dazu, dass mir eine bestimmte Grundordnung hier in der Wohnung wichtig ist, die vermittle ich ihm dann nicht.


DN: Würde er das schon verstehen?


Sheryl: Ja. Er würde sie schon verstehen, aber für ihn hätten andere Bedürfnisse Vorrang. Da ist mein Bedürfnis der Ordnung, für ihn wäre das Bedürfnis nach Spiel und Spaß oder das Bedürfnis, sich hinzulegen und es kuschelig zu haben vielleicht höherwertig. Das überwiegt vielleicht in dem Moment mehr. Und deswegen ist die Einsicht, dass es mir jetzt um Ordnung geht, bei ihm nicht da. Das ist im Erwachsenenleben aber genauso, dass es ja da auch immer um unterschiedliche Bedürfnisse geht, die man versucht miteinander auszuhandeln. Und einen Erwachsenen würdest du niemals bestrafen, ein Kind aber schon.


DN: Okay, das heißt, ist es dann eher besser, seine Bedürfnisse zu äußern, anstatt eben zu sagen: "Räum dein Zimmer auf, sonst gibt es morgen kein Paw Patrol."?


Sheryl: Genau. Zu sagen: "Hey, in deinem Zimmer ist Unordnung. Mir ist Ordnung gerade wichtig. Ich möchte gerne morgen mal durchsaugen, das geht nicht, wenn es hier so ausschaut, wie es hier ausschaut." Oder auch zu sagen, das Erlebnis hatten wir letztens wirklich, wo da so ein Aha-Effekt auch für den Tim war, zu sagen: "Pass auf. Ich kann jetzt nicht mit dir spielen. Ich bin gerade am Essen kochen. Wir können danach spielen." - "Mama, ich will aber jetzt mit dir spielen." - "Nein, jetzt geht es nicht. Aber pass mal auf: Ich sehe, dass in deinem Zimmer überall Lego verteilt ist. Räum es jetzt auf, weil ich will, dass es heute Abend aufgeräumt ist. Wenn du es jetzt aufräumst, während ich Essen koche, dann haben wir hinterher Zeit zum Spielen. Wenn nicht, dann räumen wir zusammen auf." Und das hat für den Tim wirklich zu einem ziemlichen Frust geführt, weil er sich dachte, nein, er will doch mit der Mama spielen. Und er will aber nicht aufräumen. Und da war er wirklich zehn Minuten lang, frustriert, weil er eigentlich mit der Mama spielen wollte und keine Lust zum Aufräumen hatte. Irgendwann hat er dann aber das Aufräumen angefangen.


DN: Weil er gemerkt hat, sonst kommt er da nicht raus.


Sheryl: Genau. Um was ging es ihm? Er wollte Kontakt, Verbindung mit mir, das ist auch ein Bedürfnis. Er hatte das Bedürfnis nach Spiel und Spaß. Und er musste für sich einordnen, okay, was ist mir am wichtigsten? Wir handeln Bedürfnisse und Grenzen auf Augenhöhe aus. Wenn ich Bestrafungen einsetze, das mache ich manchmal auch, auch Belohnungen, dann ist das, wenn ich mich hilflos fühle. Wichtig ist mir, dass man als Eltern nicht perfekt sein muss und alle modernen pädagogischen Umsätze eins a umsetzt, das wird nicht funktionieren. Wir sind Menschen. Und auch für unsere Kinder ist es total wichtig, uns als Menschen kennen zu lernen, die auch mal ausrasten, die auch mal wütend sind, die auch mal traurig sind, die müde sind. Nur so lernen Kinder auch, selbst mit ihrem Wesen, mit ihren Gefühlen auch zurechtzukommen.


DN: Ja, danke für die Einblicke und Denkanstöße. Nina und ich haben letztes Jahr geheiratet und wir bauen jetzt im nächsten Jahr. Und das Thema Kinder rückt immer mehr in den Fokus. Ist noch nichts Konkretes geplant, aber was wären deine drei Top-Tipps, wenn wir mal Kinder haben?


Sheryl: Im Internet und sonst wo gibt es ellenlange Listen: Was braucht ein Baby, welche Dinge? Da gibt es ja auch ganze Babymärkte, wo man sich mit allen möglichen Sachen eindecken kann. Die Erfahrung hat gezeigt, und wir hatten schon eine eingeschränkte Einkaufsliste vor der Geburt, man braucht eigentlich fast nichts. Ein Baby muss kuscheln können, ein Baby braucht vielleicht, eigentlich noch nicht mal Kleidung. Da reicht der Haut-an-Haut-Kontakt. Ein Baby braucht die Zuwendung der Eltern, vielleicht eine Milchflasche, vielleicht auch ein kleines Spielzeug.


DN: Basics.


Sheryl: Basics, ja. Aber diese ganzen Gadgets, die es gibt, die braucht man gar nicht. Das wäre so der Tipp eins. Der Tipp zwei ist, der steckt in unseren Köpfen und wird von unseren Eltern und Großeltern gerne zitiert: "Verwöhnt euer Kind nicht." Da ist eine große Angst dahinter, man könnte sein Kind verziehen und verwöhnen. Mit Liebe verwöhnen geht nicht. Gebt eurem Kind so viel Liebe wie möglich. Man kann Liebe geben und Grenzen setzen. Aber Liebe sollte immer spürbar sein und Dinge, die man versucht auch miteinander auszuhandeln, immer in Liebe und Wertschätzung. Wenn dein Kind auf den Arm will, dann nimm es auf den Arm und kuschele mit ihm. Da braucht man keine Angst haben, sein Kind zu verwöhnen. Tipp Nummer drei wäre vielleicht auch zu sagen, wenn so ein neues Wesen in die Welt kommt, dann geht es um die Bedürfnisse dieses kleinen Babys. Es ist aber auch immer wichtig, sich zu überlegen, vielleicht auch vorher mal drüber nachzudenken, welche Bedürfnisse habe ich eigentlich? Wir sind dankbar für Tim und es macht total Spaß, ihm beim Wachsen und Lernen zuzusehen, es ist aber auch gleichzeitig sehr, sehr anstrengend.


DN: Glaube ich.


Sheryl: Und deswegen darf man sich als Eltern zugestehen, auch zu sagen, ich brauche meinen eigenen Freiraum, ich brauche meine Hobbys, damit ich als Mensch und nicht nur Mutter sein kann. Das ich der Mensch auch bleibe. Mein Kind sieht, okay, die Mama, die ist nicht nur die Mama. Mama möchte auch in ihrem Leben Dinge erreichen. Das wäre Tipp Nummer drei.


DN: Danke schön. das werde ich auf jeden Fall nochmal nachhören, wenn es dann so weit ist. Danke für die Zeit und dass du so ausführlich auf die Fragen geantwortet hast und damit gehen wir zurück zur Wanderung. Bis dann.


Sheryl: Tschüss, und viel Spaß!


DN: So, wir sitzen jetzt hier im Lindenhof in-.


DG: Am Hubmersberg.


DN: Am Hubmersberg, genau. Wir sind jetzt hier, keine Ahnung, gefühlte 500, wahrscheinlich waren es weniger, Höhenmeter hochgelaufen vom Lindenberg. Und sitzen jetzt hier zu dritt mit Nina, die auch vorhin mitgesungen hat.


Nina: Hallo.


DN: Ich habe Sheryl gestern interviewt zum Thema Erziehung, aber auch Strafe und Belohnung. David, was hat jetzt eigentlich der Nikolaus mit Strafe und Belohnung zu tun?


DG: Das ist eine spannende Frage. Jeder hat so sein Nikolauserlebnis. Gab es bei euch zu Hause einen Nikolaus, kam er zu euch?


Nina: Ich musste am fünften, am Abend vorher meine Stiefel rausstellen vor die Tür und auch putzen. Dann hieß es eben, wenn ich nett und lieb war, dann ist am nächsten Tag auch im Stiefel was drin.


DN: Aber der Nikolaus kam nicht zu euch in Präsenz?


Nina: Nein, gesehen habe ich Ihn nie.


DG: Und das Putzen war wofür?


Nina: Die Stiefel mussten natürlich sauber sein. Das war so ein bisschen Dankbarkeit und Anerkennung.


DG: Für den Nikolaus?


Nina: Für den Nikolaus. Also dass man da nicht so seine dreckigen Sachen einfach vor die Tür stellt und sagt: "Hier, ich will Süßigkeiten."


DG: Wanderstiefel.


DN: Die Socken noch drin vielleicht. Dann kommt er nicht…


DG: Und kam er dann?


Nina: Ja, er kam auch.


DN: Jedes Jahr.


Nina: Ich war ein liebes Kind.


DN: Das heißt, du hast nie deine Verfehlungen aktiv vom Nikolaus vorgelesen bekommen?


DG: Wie war das bei euch David?


DN: Also bei uns ist Lars, glaube ich, hieß er, der Lars immer gekommen aus der Verwandtschaft. Der war tatsächlich als Nikolaus verkleidet.


DG: Wusstest du, dass es Lars war?


DN: Nein, irgendwann habe ich später erst gecheckt, wer eigentlich dieser Nikolaus war? Bei uns ist er tatsächlich gekommen und hat uns dann aus seinem großen Buch vorgelesen.


DG: Ein goldenes Buch?


DN: Keine Ahnung. Er hat seinen Sack dabeigehabt. In dem Buch waren dann unsere Verfehlungen und alles, was wir gut gemacht haben, aufgeschrieben.


DG: Das wurde vorgelesen?


DN: Ja. Aber grundsätzlich waren wir ja brave Kinder und haben am Ende unsere Geschenke vom Nikolaus bekommen.


DG: Das ist genau die Antwort auf die Frage von Beginn, was Nikolaus und Strafe und Belohnung zu tun haben. Da gibt es ein Buch einer Person in den Verfehlungen und gute Taten aufgeschrieben worden sind und der dann entschieden hat, ob du brav warst. Weißt du noch ob der Nikolaus auch die Entscheidung getroffen hat?


DN: Ist leider schon lange her. Ich weiß nicht mehr genau: Ich meine mich an Sätze erinnern zu können: „David, wir haben mitbekommen, du hilfst im Haushalt schon ganz gut, aber Punkt, Punkt, Punkt. Ich weiß echt nicht mehr genau, aber so war der Tenor.


DG: ei mir war es so, dass einmal der Nikolaus kam. Da gibt es auch ein Video. Dass war der Arbeitskollege meines Vater und ich saß dann im Wohnzimmer. Ich habe alles vorbereitet für den Nikolaus. Meine Mutter hat gesagt man muss sich gut vorbereiten: Schuhe putzen, was auch immer. Also habe ich alles schön hergerichtet. Und dann kam er und sagt: "Warum trinkst du deinen Tee im Kindergarten nicht?" Und ich hatte so Angst. Ich habe dann kleinlaut gesagt: "Weil ich keinen Durst habe?" Und der Nikolaus am Ende als Symbol der Bestrafung und Belohnung und in seiner Weisheit: "Das nächste Jahr musst du deinen Tee trinken. Sonst komme ich wieder!" Wahrscheinlich trinke ich deswegen nur Tee zu Hause. Ich finde das schon spannend, dass der Nikolaus nur kommt und Geschenke bringt, wenn Bedingungen erfüllt sind: Mal die Schuhe putzen, mal kommt das goldene Buch, mal musste ich begründen, warum der Tee nicht getrunken wird. Immer: Wenn - Dann.


DN: Im Vergleich zum letzten Podcast ist das ganz witzig, wo es um das Thema bedingungslose Liebe und bedingungslose Hingabe ging.


DG: Tatsächlich. Denn auch die Geschichte vom Nikolaus ist ja eine komplett andere, da gibt es kein Wenn-Dann. Der Nikolaus hat den armen Kindern Nüsse und Äpfel gebracht und ist dann, genau deswegen, weil er bedingungslos geliebt hat, Nikolaus geworden. Also Bischof. Ein hohes Amt in der Kirche.


DN: Also ganz kurz: Das heißt, den Nikolaus gab es wirklich.


DG: Den gab es tatsächlich wirklich. Der heilige Nikolaus hat in der Türkei gelebt. In Myra, heute heißt es Demre. Der Ort ist in der Nähe des Badeortes Antalaya. Auch das evangelische Pardon, der heilige Sankt Martin hat gelebt. Beide sind heiliggesprochen worden, weil Sie etwas Gutes ohne Bedingungen getan haben. Und wir Erwachsene binden das aber an Bedingungen für die Kinder.


DN: Damit wir als Erwachsene auch einen Nutzen daraus ziehen.


DG: Genau. Und dann gibt es ja noch jemanden: Den Krampus, wer kennt den Krampus?


Nina: Den kenne ich auch.


DN: Nein.


DG: Kam er zu euch?


Nina: Also er kam nie, aber ich wusste das es ihn gibt.


DG: Bei uns kam er tatsächlich. Ich erzähle noch eine Geschichte, ganz witzig. Wir hatten eine Nachbarin. Die hatte noch mehr Kohle als meine Eltern und die haben zum Nikolaus noch den Krampus gebucht. Stell dir mal vor, da habe ich die Story mit dem Tee überlebt und dann sitze ich ein Jahr später in einer anderen Wohnung und auf einmal kommt so ein Kettenpferdeviech. Ich hatte so Angst. Die Nachbarn haben es hart krachen lassen. Krampus kam rein und hat gerattert und gescheppert.


Nina: Richtig gruselig.


DG: Also ich war fix und fertig danach. Was zeigt uns das: Mit Angst oder mit diesem "Du musst gut sein, du musst hören, du musst spuren, sonst bekommst du kein Geschenk, wirst nicht belohnt. Damit lagern wir als Erwachsene unseren Erziehungsauftrag an irgendwelche Fabelwesen oder grundsätzlich liebende Bischöfe aus. Man kennt das heute noch, der Satz unter fränkischen Eltern zu ihren Kindern. „Du musst spuren. Sonst kommt der Nikolaus nicht oder noch schlimmer, dann nimmt er dich in seinen Sack mit.“ Das hat mein Vater immer gesagt. Mit Angst kannst du gut Erziehung gestalten. Zurück zur Ursprungsgeschichte, dass es einfach einen Nikolaus gab, der sich den Kindern zugewendet hat, dass Sankt Martin seinen Mantel geteilt hat, das ist die Pervertierung der beiden Personen. Das ist meilenweit von der Realität weg. Vom Krampus mit Pferdefuß, der den Kindern Angst macht und ein wirkliches Fabelwesen ist, mal ganz zu schweigen. Bei uns gab es noch den „Nacht-Giecher“. Aber das ist dann eine ganz andere Geschichte.


Nina: Den kenne ich auch. Der nimmt die Kinder mit, wenn die nicht rechtzeitig zu Hause und nachts unterwegs sind.


DG: Das finde ich so krass, das Erwachsene den Kindern so was erzählen. Ich habe das geglaubt. Ich bin damals irgendwann im Garten nach Hause gelaufen, habe nach hinten geschaut und ich habe den Nacht-Giecher gesehen. Den gibt es nicht, das wissen wir alle


DN: Aber du hast ihn gesehen.


DG: Ja und ich hatte Angst. Ich will jetzt auch meinen Eltern keinen Vorwurf machen, die haben sich wahrscheinlich nichts dabei gedacht und fanden es lustig oder wollten, dass ich schneller um Auto laufe.


DN: Das ist echt cool, denn ich habe ja auch mit Sheryl darüber gesprochen. Ganz kurz für die Hörer: David weiß nicht, was ich mit der Sheryl, sprich seiner Frau, besprochen habe. Da ging es auch um das Thema Erziehung oder Strafe. Und im Endeffekt hat die Sheryl auch gesagt, wann wende ich Strafe an? Dann, wenn nicht mehr weiterweiß. Das heißt, wenn ich wirklich am Ende bin. Dann sage ich: "Okay, ich habe gerade keinen Plan, wie ich damit umgehen soll." Und dann wende ich eben Strafe an, um eine Lösung herbeizuführen.


DG: Ich glaube, Strafe ist immer ein Stück weit Ausdruck von wirklicher und spürbarer Hilflosigkeit. Man sich aber vor Augen halten. Als Erwachsener bist du dem Kind letzten Endes immer überlegen. Das ist uns Erwachsenen viel zu wenig bewusst. Das heißt nicht, dass wir nicht Grenzen setzen müssen. Das ist vollkommen klar, ein Kind kann nicht machen, was es will. Aber als Erwachsener musst du dir bewusst sein, dass du dem Kind immer überlegen bist. Sprachlich, körperlich und kognitiv. Da muss man sich hinterfragen und sich seiner Rolle immer bewusst sein: Wann stelle ich ein Kind bloß, wann mache ich einem Kind Angst? Wann nutze ich meine Macht aus? Und das kannst du bei kleinen Kindern problemlos. Mit einem oder zwei Sätzen kannst du ein Kind demütigen. Das Kind hat keine Chance gegen dich. Ein Zwei-, Drei-, Vier-, Fünfjähriger, der kann sich ja nicht wehren. Und da sich gut zu reflektieren, was für Mechanismen brauche ich da? Brauche ich da einen Nikolaus mit dem Krampus? Oder überlege ich, wie Grenzen setze und sage ehrlich: "Hey, das möchte ich nicht.". Das reicht vollkommen aus.


DN: Klar, dieses Bedürfnis zu kommunizieren. Zu sagen, das ist mein Bedürfnis, das versuche ich jetzt so gut wie möglich dem Kind in seiner Sprache zu erklären. Dann versteht es vielleicht, je nachdem, welches Alter hat, das auch und lernt. Dann habe ich auch vielleicht einen viel cooleren Effekt. Die Sheryl hat es vorhin erklärt mit dem Thema Spielen. Ich glaube man hat dadurch eine deutlich bessere Erziehung, als wenn ich sage: "Nein, darfst du nicht, denn du warst gestern böse und hast dein Zimmer nicht aufgeräumt."


Nina: Oder das klassische Beispiel mit "Wenn du deinen Teller nicht aufisst, dann wird das Wetter morgen schlecht."


DG: Klar, der Flieger dreht um. Das ist jetzt weit weg, das Glauben nicht mal mehr die Kinder. Aber das ist genau der Punkt, weil wir Erwachsenen nutzen, da die „magische Phase“ und auch das Vertrauen aus. Als Erwachsene dürfen wird nicht unterschätzen: Kinder glauben uns ja erst mal alles. Wir als Eltern sind für die Kinder der Mittelpunkt der Welt. Das nochmal zu reflektieren und zu sagen: "Hey, was ich sage, mein Kind, dass eine hohe Bindung an mich hat und mir alles glaubt?" Das nicht auszunutzen und zu sagen, ob der Nikolaus Geschenke bringt oder nicht hat keinen Einfluss auf das, was du tust oder eben nicht. Sondern er bringt die Geschenke, einfach so und bedingungslos. Das hast du so schön erzählt, Nina. Bei euch kam er einfach. Klar. Ich würde auch gerne mal als Nikolaus auftreten und ein bisschen „Ho, Ho, Ho“ machen. Das fände ich schon cool, aber das braucht es für die Kinder nicht.


DN: Aber du könntest ja als Nikolaus auftreten und einfach bedingungslos liebend.


DG: Das wäre cool tatsächlich.


Nina: Als Nikolaus zu sagen: Du bist ein cooler Dude, komm her, lass dich drücken.


DN: Reinkommen zu den Kids und sagen: "Ihr seid so liebenswürdige Menschen und deswegen schenke ich euch jetzt nur Nüsse."


DG: Der Gedanke gefällt mir "Du bist ein cooler Dude, ich drücke dich einfach." Vielleicht ist das der Punkt. Morgen komme ich dann als Nikolaus verkleidet nach Hause.


DN: Wie Sheryl das gesagt hat, was du dem Kind nie zu viel geben kannst, ist Liebe, bedingungslose Liebe. Egal, ob es jetzt irgendwelche-. Also man kann definitiv zu viel Spielzeug geben, man kann definitiv zu viele Events und was weiß ich was geben, aber man kann nie zu viel Liebe geben.


DG: Genau!


DN: Und vielleicht sollten wir uns einfach, wenn wir mal gefragt werden, ob wir als Nikolaus auftreten wollen, dann einfach nur-.


DG: Liebe geben.


DN: Kein Buch dabeihaben, sondern nur bedingungslose Liebe.


DG: Einfach die Kinder knuddeln. Einfach sagen: "Ich bin der Nikolaus und ich nehme euch jetzt mal alle in den Arm." Was wäre das für eine großartige Aktion? Stell dir vor, du kommst als Nikolaus in den Kindergarten und der nimmt einfach alle Kinder in den Arm. So war der Nikolaus tatsächlich.


DN: Das wäre eine großartige Sache. In diesem Sinne wünschen wir euch einen wunderschönen Nikolaustag. Hoffentlich werdet ihr von eurem Nikolaus geknuddelt und habt keine Angst davor. Wir gehen jetzt dann wieder raus ins Schneegestöber. Macht es gut.

DG: Auf unser Pferd natürlich.


DN: Genau. Also bis dann, Servus!


DG: Ciao!


Nina: Ciao!

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