In dieser Episode sprechen wir über das brandaktuelle Thema Freiheit. Wie kann ich mich jetzt frei fühlen, was bedeutet Freiheit und wie definieren wir sie nach der Corona-Krise?
DG: David Geitner
DN: David Naßler
DN: Hallo liebe Hörer, willkommen zum ersten Podcast vom Doppelten David.
David, über was werden wir heute sprechen?
DG: Hey da draußen, hallo David, wir wollen in unserem ersten Podcast, ich bin schon ein bisschen aufgeregt, über das Thema Freiheit sprechen. Brandaktuell. Und es gibt ein Lied von Marius Müller-Westernhagen, vielleicht kennt ihn jemand, mit dem Titel: Freiheit ist das Einzige was zählt. Sehr poetisch. David, was ist denn für dich Freiheit, wann hast du dich das letzte Mal so richtig frei gefühlt?
DN: Also so richtig frei fühlen tue ich mich, wenn ich meditiere. Und zwar habe ich so eine Meditationsapp und da geht es eigentlich hauptsächlich drum, so, ja, wie atme ich richtig oder bewusst zu atmen und den Körper dabei zu entspannen.
DG: Ich habe gelesen, dass der erwachsene Mensch zwischen zwölf und 16-mal in der Minute atmet, ja. Wie oft machst du das?
DN: Also wie oft ich atme, weiß ich nicht, aber je nachdem, wie stressig jetzt so eine Woche ist, irgendwie so alle zwei bis drei Tage. Momentan brauche ich es schon ein bisschen mehr, um mich irgendwie frei zu fühlen, weil das Ganze stresst schon irgendwie ein bisschen, die ganze Zeit nur daheim zu sein. Genau.
DG: Also Freiheit inmitten der Unfreiheit quasi. Jetzt, wie du sagst, wird ja unsere Freiheit massiv eingeschränkt. Wie sieht denn so dein Tag aus und hat sich seither ein bisschen was verändert oder ist alles gleich geblieben?
DN: Also ich glaube, es hat sich schon extrem viel verändert. Ich bin natürlich auch gerade zuhause, wie jeder andere. Hashtag Physical Distancing und ich kann mich einfach nicht mit Freunden treffen oder mit Familie oder einfach mal was essen gehen. Und das Schlimmste ist für mich eigentlich, dass der Obi zu hat beziehungsweise habe ich das gedacht bis vor ein paar Tagen. Aber ich habe herausgefunden, dass ich, weil ich ja Unternehmer bin, mit einem Gewerbeschein hingehen kann. Und ich freue mich heute extrem drauf, dass ich zur Mittagszeit dann zum Obi gehen darf und einkaufen darf, damit ich wieder weiter basteln kann.
DG: Ey, da hoffe ich mal, dass du keinen Shitstorm bekommst für, ohne Witz.
DN: Na ja, aber es ist ja offiziell erlaubt. Gut, ja, wo hast du denn die größten Einschnitte?
DG: Dadurch, dass ich in einem Job bin, also mit Jugendlichen und mit Flüchtlingen arbeite, also viele Menschen so treffe, merke ich, dass das einem voll abgeht. Es fehlt mir voll. Also irgendwie, der persönliche Kontakt, das Miteinander, ja. Also ich sitze den ganzen Tag vor dem PC und das, ja, dieses Persönliche, dieses Miteinander, das kann eben auch keine App. Also nicht mal Hausparty, eine App, habe ich jetzt kennenlernen dürfen. Und ja, dwe fehlt mir einfach, der Kontakt zu den Menschen.
Jetzt habe ich von der Rebekka einen interessanten Aspekt zum Thema Freiheit, den fand ich ziemlich cool. Und zwar hat sie das Grundgesetz zitiert: Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Jetzt wird unsere Freiheit ja eingeschränkt. Und Freiheit hat also unterschiedlichste Facetten, Willens-, Glaubensfreiheit, Freiheit der politischen Betätigung. Wie definierst du denn für dich den Begriff Freiheit?
DN: Bevor ich auf den Begriff Freiheit eingehe, möchte ich ganz kurz noch den Hörern, die die Rebekka ja nicht kennen, kurz erzählen, wer das ist. Also Rebekka ist auch ein Mitglied im Jugendausschuss seit mehreren Jahren schon. Dieser hat den Podcast mit seinen Fragen aktiv mitgestaltet.
Freiheit ist für mich, wenn ich Entscheidungen für mich treffen darf. Also wenn ich mein Leben hier so im Lauf anschaue, dann leben wir eigentlich in einer ganz, ganz großen Komfortzone, weshalb jetzt für mich zum Beispiel das Thema Glaubensfreiheit eher kein Thema ist. Also da bin ich frei. Freiheit ist aber vor allem auch ein Gefühl für mich. Also ich bin frei von Angst, von Sorgen, Nöten, Zwängen, aber man muss einfach sagen, dass die Coronakrise einfach gerade ganz stark auf das Gegenkonto von Freiheit einzahlt. David, was ist dir wichtig, was ist für dich zentral für Freiheit?
DG: Für mich ist das Zentrale für Freiheit, sich eben politisch betätigen zu dürfen, eben auch mal gegen das System sprechen zu können, politische Entscheidungen zu hinterfragen. Und das ist für uns vielleicht selbstverständlich, aber ich merke gerade, wenn ich mit den Menschen arbeite, die aus Diktaturen geflohen sind, wie wichtig eigentlich Demokratie und Meinungsfreiheit ist. Darauf eben hinweisen zu dürfen und sagen zu können, hey, das läuft gerade schief oder die Entscheidung müsst ihr vielleicht korrigieren. Also es einfach, sagen zu dürfen, ohne dafür gleich verurteilt oder im schlimmsten Fall sogar eingesperrt zu werden. Das ist ein großer Schatz, der für mich Freiheit ausmacht.
Jetzt habe gestern in der Zeitung gelesen, dass große Firmen ihre Miete nicht bezahlen. Die haben gesagt, naja, das ist notwendig, wir müssen das so machen und können jetzt momentan keine Miete zahlen, weil wir die Arbeitsplätze erhalten wollen. Jetzt bist du selber ein Unternehmer, was bedeutet für dich denn unternehmerische Freiheit, darauf berufen die sich ja. Gibt es da auch Grenzen?
DN: Ja, es gibt auf jeden Fall Grenzen. Also man muss halt sagen, gesamtgesellschaftlich haben die Unternehmen da wirklich eine Grenze überschritten, weil das bedeutet für andere wieder, dass sie irgendwo das Geld aufbringen müssen. Aber für den Unternehmer selber ist es irgendwo schon nachvollziehbar. Also das Unternehmen muss irgendwie schauen, dass es sich gerade über Wasser hält und sucht einfach da auch Wege, die vielleicht auch mal unpopulär sind und die auch nicht jeder versteht oder die auch nicht okay sind natürlich. Und zu dem Gewinnstreben, Unternehmen, also es gibt eigentlich nur ein paar Wege, und Unternehmen streben deshalb nach Gewinn, weil alles andere negativ ist. Also Verlust bedeutet, ich muss Mitarbeiter kündigen. Und so dieses genaue Mittelmaß, dass ich keinen Gewinn mache und keinen Verlust mache, dass ist extrem schwer überhaupt zu erreichen. Und für mich ist unternehmerische Freiheit wirklich, wenn ich einfach am Markt alle Kunden ansprechen darf, kreative Ideen umsetzen darf mit Produkten und was erschaffen, aber eben nicht Grenzen auszunutzen oder Regeln zu hintergehen. Und für mich ist eigentlich auch immer Grenze dann, wo das Finanzamt da ist oder der Gesetzgeber. Und mein Vater hat immer so einen Satz gesagt: Als Unternehmer steht man immer mit einem Bein im Gefängnis. Das ist blöd, ja, aber das zu wissen, dass man als Unternehmer einfach unter einer stärkeren Beobachtung steht, um einfach wirklich echte Betrüger auch auszusortieren.
DG: Das ist ganz witzig, weil das sagen die gleichen, sagen sie in unseren Rechtsvorlesungen für Sozialarbeiter, da stehst du auch mit einem Bein im Gefängnis. Das scheint sich wenig zu verändern. Vielleicht schützt auch das ein bisschen vor Blödsinn. Du hast vollkommen Recht, ein Unternehmen als Einzelunternehmen soll erstmal Gewinn machen, das ist das einzige Ziel was sie als Unternehmen haben. Und umso wichtiger sind aus meiner Sicht dann Regeln, die die Grenzen dieser unternehmerischen Freiheit abdecken. Zum Beispiel Mindestlohn oder auch Steuern, die das regeln. Wie stehst du da dazu?
DN: Ja, also ich denke, in Deutschland haben wir es, verglichen zu vielen anderen Ländern, wirklich gut. Na, also wenn man jetzt, zum Beispiel, Indien anschaut, da gibt es Tagelöhner, die aufgrund der Coronakrise nicht mehr in den Städten arbeiten können und auswandern müssen, weil es einfach dort keine Arbeiten mehr gibt. Und bei uns, wenn dir so etwas passieren würde, oder ja, wie es gerade vielen das passiert, landest du maximal in der Arbeitslosigkeit mit Arbeitslosengeld. Und du musst nicht hungern oder verhungern. Und dafür sind unsere Steuern wirklich gut und dafür zahle ich sie auch gerne als Unternehmer und bin einfach dankbar für diese Staatsform. Und zum Thema Mindestlohn, klar, muss das Geld reichen, aber die Frage ist doch auch immer, warum gibt es Unternehmen, denen ihre Mitarbeiter so wenig wert sind, dass sie wirklich gesetzlich verpflichtet werden müssen, einen Mindestbetrag zu zahlen. Oder liegt es einfach daran, dass es den Unternehmen nicht gut geht, ja. Oder zum Beispiel wie jetzt gerade Landwirten und Erntehelfer, dieses Verhältnis, wenn jetzt der Landwirt mehr bezahlen würde, dann bleibt noch weniger von seiner eh schon geringen Marge übrig. Und da bedarf es für mich einfach immer einer Einzelfallbetrachtung.
DG: Jedenfalls spannend, dass quasi auch die Mitarbeitenden einen Wert haben. Das ist ja-, bei vielen Unternehmen wird das zwar oft gesagt, aber wirklich gelebt wird es dann nicht. Das ist ein spannender Aspekt. Was glaubst du denn, wie entwickelt sich das mit oder nach der Coronakrise?
DN: Ja, schwer zu sagen, aber ich glaube schon, dass viele Unternehmen da doch scheitern werden, aber andere gehen aus der Krise umso gestärkter hervor. Und ich hoffe einfach, dass der lokale Einzelhandel überlebt, weil sonst hängen wir einfach alle am Tropf von A* oder von ganz großen Konzernen. Deswegen, kleiner Aufruf an die Hörer, versucht einfach mal, gerade nichts über A* zu bestellen, sondern über deutsche Händler. Oder einfach zu gucken, welche Angebote hat zum Beispiel auch gerade Einzelhändler, die Onlineshops anbieten, wie kann ich da einkaufen und wirklich eher so das Lokale unterstützen.
DG: Da gibt es ein cooles Projekt gerade, das habe ich im Radio gehört, Lokalhelden heißt es. Quasi lokal zu unterstützen, ob Gaststätten oder den Einzelhandel. Finde ich ziemlich cool, ja, absolut. Ja.
DN: Ja, wer sucht, der wird findig. Also da gibt es ganz, ganz viele Angebote. Aber genug zur Wirtschaft, lass uns mal das Thema Freiheit auch noch mal ein bisschen anders betrachten und zwar aus der theologischen Sicht. Ich habe in den letzten Wochen mehrmals gelesen, die Coronakrise ist eine Katastrophe von biblischem Ausmaß. Das klingt jetzt erst mal richtig extrem. Warum sagt man das so?
DG: Das hast du bestimmt in der Zeitung mit den vier Buchstaben gelesen. Also Katastrophen, das kommt aus dem Alten Testament, wurden erst mal häufig als eine Strafe Gottes, als etwas, dass Gott unmittelbar eingreift in diese Welt. Das bekannteste sind die zehn Plagen, die hat man im Religionsunterricht vielleicht gehört. Und es sind einfach naturwissenschaftliche Erlebnisse, also zum Beispiel das Färben des Flusses vom Nil, wo dann die Kleinstlebewesen gestorben sind, dann sind die Frösche aus dem Wasser verschwunden. Dann ist es so, dass eben mehr Mücken sich vermehrt haben und so weiter und so weiter, dass es dann quasi direkt sozusagen in den Kontext gesetzt wurde, dass Gott sozusagen als mächtig, als groß dargestellt wird, dem auch die Naturgewalten sozusagen gehorchen und dass eben die Erde als mächtig dargestellt wird. Das war so ein großer Aspekt, wie man mit diesen Plagen und mit diesen Katastrophen biblischen Ausmaßes da umgegangen ist im Alten Testament.
DN: Aber was bedeutet es dann konkret für unser Leben in der heutigen Welt?
DG: Naja, ich denke, wir leben in einer zunehmend säkularen, also ein Stücken verweltlichten Welt. Und ich denke, Gott spielt nicht mehr so die Rolle wie damals. Also das kann man gut oder schlecht finden, darum geht es jetzt auch gar nicht. Und gleichzeitig stellen wir aber fest, dass doch, wenn wir was mit menschlichem Verstand, mit Naturwissenschaft erklären wollen, dass wir immer irgendwo auch an Grenzen kommen. Und diese Grenze findet in der Sprache irgendwo ihren Ausdruck. Das heißt, die Katastrophe biblischen Ausmaßes, die rückt Gott wieder ein Stück in unser Bewusstsein. Und da ist es wichtig zu sagen, es geht nicht darum, dass Gott jetzt irgendwas mit der Krise zu tun hätte oder aktiv eingreift und diese Krise sozusagen befeuern würde oder da dahinter steht, aber Gott rückt wieder in den Mittelpunkt, wenn wir solche Begriffe verwenden.
DN: Du hast jetzt viel von der Sprache gesprochen. Bedeutet es also, wenn wir Redewendungen verwenden, ist Gott uns ein Stück näher?
DG: Nicht zwangsweise, das würde ich so jetzt nicht sagen. Aber ich glaube tatsächlich, dass Worte und damit die Sprache unsere einzige Möglichkeit sind, uns auszutauschen. Wir haben nichts anderes. Und ich denke, wenn ihr von einer Katastrophe biblischen Ausmaßes sprechen, dann nehmen wir über die Sprache Gott irgendwo ein Stück weit wieder in unser Bewusstsein auf. Und wenn wir das machen, dann öffnen wir uns mal für was Größeres, für das was unsere menschlichen Schranken durchbricht. Als wir brechen da so einen Panzer aus, dass wir unser Weltbild versuchen, selber zu beschreiben, sondern es geht eigentlich darum, dass wir zumindest in Erwägung ziehen, dass es eine größere Macht gibt und öffnen uns für das Neue, für das Größere. Und das ist dann letzten Endes, aus meiner Sicht als Christ, natürlich Gott selber. Und ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn aus solchen Begriffen, ja, die Katastrophe biblischen Ausmaßes, wenn da, nach der Krise auch ein-, oder in der Krise auch ein Reden über vielleicht Gott selber und Nachdenken über Gott selber wird.
DN: Na, jetzt sind wir eigentlich schon mittendrin im Reden über Gott. Wir lesen und hören ja oft, dass Gott uns befreit von Schuld, von Sorgen, Ängsten, Nöten. Was glaubst du, wie Gott in der jetzigen Zeit da wirkt?
DG: Wir hatten ja jetzt gerade Passionszeit. Und ich denke, wenn wir auf das Wirken Gottes schauen, dann empfiehlt es als Christ sich auf Jesus selber zu schauen. Passion bedeutet Leiden oder durchstehen. Und ich finde, Gott erwählt sich in Jesus eben ein liebender Gott zu sein, ein Gott, der mit uns Menschen mitgeht. Und wenn wir auf die Passionszeit und auf Ostern gucken, dann zeigt sich, dass Jesus diesen Weg bedingungslos gegangen ist. Bis ans Kreuz war er konsequent. Er hat konsequent geliebt, er hat konsequent die Zuwendung zu seinem Nächsten gesucht und er war da True, würde ich mal sagen. Und in diesem Wirken zeigt sich für mich das wahre Wesen Gottes, in Jesus zeigt sich der wahre Mensch, der gleichzeitig wahrer Gott ist.
DN: Was meinst du genau mit dem wahren Mensch, also eher so ein Synonym für guter Mensch im Sinne von hilfsbereit, liebend oder eher in Richtung ehrlich?
DG: Der wahre Mensch ist der Mensch für andere. Das hört sich jetzt vielleicht erstmal ein bisschen hochgestochen an, aber der Mensch ist da für andere. Und wenn wir lieben, dann ist es ein Abglanz der göttlichen Liebe. Also durch unsere Liebe, durch das, wie wir wirken in der Welt, wird Gottes Wirken ein Stückchen sichtbar. Dabei dürfen wir aber nicht allein Gott auf die Liebe zu den Menschen, allein und ausschließlich reduzieren. So hat es mal der Theologe Ralf Frisch formuliert. Das heißt, Gott erschafft in all dem Leid und der Sorge, die wir auf dieser Welt in der Schöpfung haben, gleichzeitig den Helden mit, nämlich die Liebe. Und die Liebe ist stärker als alles Böse, alles Grausame, als all das Finstere und das Dunkle, weil es verschwindet dann, wenn wir lieben und ist damit nichtig, also spielt keine Rolle mehr, weil die Liebe letzten Endes größer ist. Und mit Blick auf wie wirkt dann Gott? Es ist eine lebendige Liebe. Und deswegen feiern wir auch Auferstehung, diese Liebe ist real, sie wirkt und ist deswegen Wirklichkeit an den Krankenschwestern und Krankenpfleger, Altenpfleger, Altenpflegerinnen. Und Gott wird auch in der Solidarität, wenn Menschen an den Kassen Überstunden machen mit der Begründung uns sagen, hey, wir müssen jetzt alle zusammenstehen, in der Solidarität, in dem Miteinander, in der Liebe, da wirkt Gott.
DN: Ja, zusammenstehen ja, aber bitte mit Abstand.
DG: Ja, ich glaube, so war das jetzt auch tatsächlich weder von Jesus noch von allen anderen gemeint und auch umarmen und so ist ein bisschen schwierig. Aber ich glaube, Liebe ist da auch ganz unterschiedlich und findet ganz unterschiedliche Formen. Es zeigt sich letzten Endes, das ist vielleicht das Tolle und das Hoffnungsvolle auch, dass eben nicht Schmerz, Angst, Leid das letzte Wort haben, sondern eben die Liebe und damit Gott selber.
DN: Gute Nachrichten auf jeden Fall. Aber ich denke, die Frage steht weiterhin im Raum, befreit er die Welt von Corona?
DG: Befreit er die Welt von Corona? Ja, das ist ein nachvollziehbarer und auch ein verständlicher Wunsch, dass eben der Gott, an den wir vielleicht auch glauben, mächtig und auf einmal alles Negative und Belastende, alle Krankheiten, alles Leid zur Seite räumt, das, ja, wäre schön. Ich glaube, das bleibt aber trotzdem nur ein frommer, und ich gehe noch eins weiter, ein Stückchen ein magischer Wunsch, denn zum einen gibt es Vertrauen auf Gott und zum anderen haben wir aber auch eine Autonomie und eben eine Freiheit. Und das Thema, gibt es einen Podcast, eine Freiheit als Menschen, und das darf nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das heißt, es muss zusammen gedacht werden, Freiheit und Vertrauen auf Gott.
DN: Das heißt also, wir sind als Gesellschaft schon irgendwo selbst dafür verantwortlich, das in den Griff zu bekommen? Und ich denke, wir sind da auch in der Lage dazu. Man merkt jetzt schon, auch die Kurve wird flacher, wir können gut damit umgehen. Klar gibt es noch andere Länder, die noch damit ganz andere Schwierigkeiten haben. Aber ich glaube, in einem Jahr haben wir auch da eine Lösung dafür. Was glaubst du, wie sollten wir unsere Freiheit, die natürlich in manchen Situationen größer ist als jetzt, dann auch nutzen?
DG: Also Freiheit ist das eine, was Gott uns schenkt. Und das andere ist natürlich auch dem Geist, also dieses schöpferische Wirken. Ja, wir sind ja ein Ebenbild Gottes und ich denke, dass das auch in diesem Geist, in dieser schöpferischen Kraft quasi zum Tragen kommt nämlich. Im Vergleich zu Tieren oder so, dass wir als Menschen den Verstand, einen Geist haben, der Dinge auch erschaffen, schaffen kann. Und auch das ist ein, ja, nicht Gottes Beweis, kann man nicht sagen, aber es ist eine Spur auf Gott selber, dass wir eben Impfstoffe, dass wir Behandlungsmethoden, dass wir Medikamente schaffen können. Also dass wir überhaupt in der Lage sind, Dinge zu erschaffen, zu schaffen. Und das geschieht ja gerade. Das heißt, mit dem menschlichen Geist gelingt es uns vielleicht und hoffentlich, das Virus eben einzudämmen. Und eben dieser Geist und diese Schöpfung ist dann auch wieder, kein Beweis kann man nicht sagen, einen Gottesbeweis gibt es nicht, aber zumindest eine Spur hin, die auf Gott verweist.
DN: Das macht auf jeden Fall Mut. Und du hast recht, viele fragen bestimmt, wo ist Gott in der Situation. Aber Gott ist einfach genau bei den Menschen, die jetzt einfach alles geben, um die Kontrolle zurückzugewinnen, um zu heilen und auch, um zu helfen.
DG: Ich gehe noch eins weiter. Ich würde sagen, da wirkt Gott selber. Also er ist nicht mehr nur da, sondern er wirkt da selbst, dadurch.
DN: Ja, okay. Was glaubst du, wie wir Freiheit nach der Krise definieren?
DG: Ich denke, gerade erfahren wir ganz schmerzhaft, was eingeschränkte Freiheit, wie unser Leben verkürzt wird und was eingeschränkt bedeutet. Und wir erleben, dass menschliche Freiheit, so wie wir sie kennen, niemals absolut ist. Die ist immer irgendwo begrenzt und es gibt Regeln und Gesetze und wir stoßen da irgendwo auch an die Grenzen unserer Freiheit, unserer Autonomie.
DN: Ganz klar. Selbst in so einem freien Land wie Deutschland sitzen wir nun alle irgendwie von oben angeordnet zuhause. Und ganz ehrlich, wenn mir das jemand im Januar erzielt hätte, da hätte ich echt meinen Spaß mit ihm gehabt. Und jetzt erleben wir genau das Gegenteil. Wir vermissen unsere Freunde, die Begegnungen und vor allem das Lachen mit anderen.
DG: Das finde ich einen geilen Aspekt, weil Freiheit wurde oft gedacht als das, was ich nicht darf oder wo sie eingeschränkt wurde. Und jetzt merken wir, dass Freiheit, also wirkliche Freiheit, sich niemals alleine verwirklichen kann. Das Beispiel von Robinson Crusoe, wo er auf dieser Insel sitzt und dann im Endeffekt eigentlich völlig frei ist, er kann machen was er will, ja, keiner schränkt ihn ein. Und was fehlt ihm? Das Gegenüber. Und dann nimmt er den Ball, wie heißt er?
DN: Freitag.
DG: Freitag, ja, nimmt er den Ball und schafft sich ein Gegenüber. Das heißt, Freiheit heißt, den anderen mit einzubeziehen. Das heißt, ein Gegenüber zu haben und in diesem lebendigen Gegenüber, gut, das war der Freitag jetzt vielleicht nicht, aber zumindest der Versuch, ja, dass irgendwas Lebendiges, dass ich ein Gegenüber habe, dass ich eben selber frei bin. Das heißt, um echt frei zu sein, brauche ich quasi den anderen.
DN: Denkst du, da ändert sich was im Denken der Menschen? Also das ist ja für viele wahrscheinlich gesamtgesellschaftlich einfach der größte Einschnitt im Leben seit dem zweiten Weltkrieg. Und ich merke auch gerade, dass ich zum Beispiel deutlich mehr telefonischen Kontakt mit meinen Großeltern habe als vor der Krise.
DG: Ja, also es bleibt zu hoffen. Ich denke, es wird sich was ändern, weil eben Freiheit nicht mehr damit verbunden ist, was wir nicht tun dürfen, also über Einschränkungen definiert wird. Sondern ich glaube, Freiheit wird den Blick aufs Gegenüber haben und Freundschaften, Beziehungen werden wieder an Qualität gewinnen. Verwandte, Bekannte, die werden im Leben wieder eine größere Rolle spielen. Die Oma, die Mutter zum Beispiel hat meine Oma so alle sieben Tage, alle zehn Tage mal angerufen, jetzt rufe ich alle zwei Tage an. Es wird bleiben, ja, weil sich da einfach die Qualität von Beziehung verändert. Und ich denke, da wird Freiheit gemeinsam neu gedacht werden.
DN: Freiheit wird gemeinsam neu gedacht werden, was für ein schöner Schluss. In dem Sinne, danke für das Einschalten und bis zum nächsten Mal beim Doppelten David.
DG: Für alle, die Bock haben, sich mit den Themen theologisch philosophisch noch tiefer auseinander zu setzen, da gibt es ein cooles Buch, das ist von Ralf Frisch: Was können wir glauben, eine Erinnerung an Gott und den Menschen, erschienen im Kohlhammer Verlag. Wer Bock hat und da vertieft irgendwo einsteigen will, gerne mal drauf schauen. Tschau.
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