Wir feiern Weihnachten, das Fest der Liebe. Warum wird das so genannt? Das und auch private Antworten zum Thema Liebe in der Weihnachts-Edition.
DG: David Geitner
DN: David Naßler
DN: Ich habe gegoogelt zum Thema Liebe. Und ein Ergebnis weit oben war ein Schild von einer Firma mit dem Spruch: „Bleibt zu Haus. Schickt Liebe raus.“ Das Motto finde ich gut zu dem Jahr 2020, wir bleiben alle zu Hause. Und dennoch haben wir natürlich alle das Bedürfnis, unsere Freundschaften und Familienbindungen auch zu pflegen. Und genauso wollen wir mit dem heutigen Podcast einfach Liebe rausschicken an euch. In dem wir auch nochmal über Liebe sprechen. Ist eigentlich ein privates Thema, aber ich denke auch, spannend darüber zu reden. David, wenn wir gerade schon bei privaten Themen sind, wann warst du denn das erste Mal richtig verliebt. Ein Deep-Talk, klar. Du bist jetzt glücklich verheiratet, aber dennoch denkst du auch gern dran zurück, weil-, ich meine, das ist letztlich auch ein Teil von deiner Entwicklung und von dir.
DG: Also richtig verliebt, ich habe überlegt, war ich tatsächlich das erste Mal mit 15. Da war ich in der achten Klasse und ich fand ein Mädel super. Und da kann ich mich an eine ganz witzige Situation erinnern. Ich habe sie auch schon oft erzählt. Ich bin auf der einen Straßenseite gelaufen und sie auf der anderen. Das muss man sich vorstellen wie in einem schlechten Film. Ich habe rüber geschaut und bin halt gegen einen Pfosten gelaufen. Und sie hat es natürlich gesehen. Das war mir megapeinlich und ich hätte am liebsten die Schule wechseln wollen. Ja, wäre hätte das gedacht, aus uns ist nichts geworden. Das war das erste Mal. Und das zweite Mal war dann eine Ex-Freundin. Und ich muss echt sagen, von der hatte ich ungelogen jeden zweiten Tag, das war eine Fernbeziehung, vier Seiten Liebesbriefe bekommen. Das hat mich echt ein bisschen fertig gemacht. Und das hat auch nicht funktioniert, da hat sie dann mit mir Schluss gemacht. Da war ich ein bisschen überfordert, und-, ständig zu antworten. Weil-, man muss dazu sagen an alle Hörer und Hörerinnen, es gab mal eine Zeit, da gab es kein Smartphone und auch keine Sprachnachrichten. Also da musste man tatsächlich noch Briefe schreiben. Das stimmt wohl. Aber auf die Frage zurück-, klar, das ist ein Teil von meiner Entwicklung. Ich bin glücklich verheiratet. Meine Frau ist das Beste, was mir passieren konnte. Wir haben einen lieben Sohn. Und ich muss hier auch mal sagen, eine tragfähige und auch eine ehrliche Beziehung, ist nicht nur Sonnenschein. So ist es, wir sind jetzt über zehn Jahre zusammen, davon drei verheiratet. Aber es ist eine Treue, dass wir zueinanderstehen, egal was kommt. Und gleichzeitig ist es Teil von der Entwicklung, dass man auch in andere Menschen verliebt war und das prägt, reift einen ja auch, tatsächlich. Wie war es denn für dich, das erste Mal verliebt zu sein?
DN: Also ich kann mich tatsächlich an kein bestimmtes Gefühl erinnern. Also ich glaube, ich hatte mit 13 oder 14 meine erste Freundin.
DG: Ja, ich habe es gerade gesagt, ich meine, da habe ich noch mit Baggern gespielt, verstehst du, da war ich noch im Sandkasten. Also mit 13. Was ist los mit dir?
DN: Da habe ich mich auch gewundert. Ich weiß auf jeden Fall halt noch, dass es eine schöne Sache war. Und das ist heute noch ein toller Mensch. Aber ich kann jetzt da kein bestimmtes Gefühl beschreiben. Also ich habe schon mal das Gefühl, dass ich irgendwie ziemlich schnell wirklich verliebe und dann auch lange an der Person hänge, auch lange nachher, quasi wenn ich darüber einfach nachdenke.
DG: Bist du jemand, der seine Liebe leicht zeigen kann oder fällt es dann eher schwer? Eher leicht wahrscheinlich, oder?
DN: Ja, schon. Also schon eher leicht. Ich muss auch wirklich sagen, ich kann es nicht so ganz verstehen, warum diese ganz harten Kerle in diesen Filmen sich einfach so schwertun, einfach mal zu sagen: „Ich liebe dich.“
DG: Ja, gut. Was ist für dich Liebe und wie drückst du deine Liebe aus?
DN: Also für mich ist Liebe, natürlich für jemanden-, also füreinander da zu sein. Einfach auch mal herumzualbern, keine Ahnung, sich zu kitzeln, einfach Spaß zu haben. Aber natürlich tiefsinnige Gespräche zu haben und auch aneinander zu denken, und natürlich auch körperlich nahe zu sein. Und was wir, also Nina und ich, für uns beide entdeckt haben, das ist ganz witzig. Und zwar zu sagen, eher zu sagen: „Ich habe dich lieb.“ Statt: „Ich liebe dich.“ Der Grund ist ein ganz Witziger, und zwar, man sagt ja zu allen möglichen Sachen: „Ich liebe.“ Zum Beispiel: „Ich liebe Leberwurst.“ Aber kein Mensch sagt: „Ich habe die Leberwurst lieb.“
DG: Das stimmt, meine ich auch. Das ist eher selten, tatsächlich. Aber es ist richtig. „Ich liebe Leberwurst.“ Habe ich schon gehört. Aber: „Ich habe die Leberwurst lieb.“
DN: Genau. Das hat noch keiner gesagt. Und seitdem sagen wir eigentlich auch mehr zueinander: „Ich habe dich lieb.“ Weil-, es ist mehr Besonders als einfach nur zu sagen: „Ich liebe dich.“
DG: Ja, das stimmt, sagt man seltener. „Ich habe dich lieb“, ist natürlich was, was seltener kommt. Jetzt was ganz Anderes. Wie drückt man denn seine Liebe zu den Mitarbeitern, Kunden oder vielleicht sogar zu den Konkurrenten aus? Ist das Liebe? Sagst du da auch: „Ich habe den Konkurrenten lieb oder ich liebe den Konkurrenten.“? Was sagst du?
DN: Ja, na ja. Also Liebe würde ich das eher nicht nennen. Also ich glaube, wenn man sagt: „Ich liebe meinen Mitarbeiter.“ Dann schauen die einen schon eher komisch an.
DG: Und du hast eine Anzeige wahrscheinlich am Hals.
DN: Genau, ja. Ich glaube, das geht für viele dann schon zu weit. Ich würde eher sagen, man sagt: „Ich wertschätze meine Mitarbeiter, meine Kunden oder Konkurrenten.“ Also ich meine, Wertschätzung kann sich ja ganz unterschiedlich ausdrücken. Sei es durch eine Flasche Champagner, wenn jemand einen super Auftrag gemacht hat. Oder wir singen auch ganz gerne simultan, wenn wir unser Blitzlicht machen um zwölf, dass wir uns alle in der Videokonferenz treffen. Und nach einem Geburtstag einfach singen und da auch ein Geschenk überreichen. Weil natürlich ganz wichtig-, stark machen für die Leute in der Krise, also für die Mitarbeiter in der Krise. Die da auch richtig durch zubringen und ja, auch mal irgendwie einen Jahresendbonus bei guten Leistungen. Oder, was jetzt momentan vielleicht eher weniger ist, einen festen Händedruck mit einem guten Morgen und einem Blickkontakt ist was Schönes, oder auch ein Danke in einer größeren Runde oder natürlich auch ein Entschuldigen.
DG: Du sagst dann eher Wertschätzung als Ausdruck der Liebe. Dann die zeigen-. Alle sagen ja, man kann alle lieben oder als Christ soll man alle lieben. Wie gehst du mit Leuten um, mit denen du dich schwertust oder liebst schlicht alle, kann ja auch sein? Du hast ja gesagt, du verliebst dich schnell, vielleicht bist du der einzige Mensch, der alle liebt.
DN: Ich verliebe mich sofort. Also dazu habe ich eine coole Story. Und zwar, ich habe gerade eine coole Serie angeschaut. Die heißt The Wildes und da geht es um ein paar junge Frauen, und die sind auf einer einsamen Insel gestrandet. Und da gibt es eine, die heißt Shelby. Und ich würde sie mal eher vorsichtig beschreiben als jemand, die ihren christlichen Glauben sehr extrem auslebt und einfach sagt, sie liebt jeden Menschen und sie will jeden Menschen lieben. Und das ist ihr einfach ganz wichtig und das ist das ist halt auch vom Glauben her so. Und man merkt ihr einfach das auch an, dass ihr das nicht immer gelingt und dass sie auch wirklich daran verzweifelt. Und ich glaube einfach nicht, dass man jeden lieben kann. Also zwischenmenschliche Liebe beruht sicher auch immer auf Gegenseitigkeit. Und wenn man keine Liebe vom Gegenüber erfährt, ist es dann einfach auch schwer, die Liebe zu dieser Person dann aufrecht zu erhalten, also auch aufrecht zu halten, ohne irgendwie zu heucheln.
DG: Wir haben in Rummelsberg oft den Spruch gebraucht. Ich muss alle Leute lieben, aber nicht jeden mögen. Das war so der Spruch, also man muss alle lieben, aber sie nicht mögen.
DN: Ja, das finde ich gut. Ähnlich geht es auch so im Geschäftsalltag. Also wenn man jetzt, keine Ahnung, mal Schwierigkeiten hat mit jemandem zusammen zu arbeiten, dann muss man ihn ja nicht lieben, sondern man muss einfach nur schauen, dass man ordentlich mit der Person zusammenarbeiten kann, weil das einfach natürlich auch von den Vorgesetzten dann erwartet wird, dass man irgendwie einen Weg findet, miteinander zu arbeiten, aber immer vor dem Hintergrund: „Leute, ihr müsst euch nicht lieben, ihr müsst einfach nur miteinander arbeiten können.“
DG: Jetzt schauen wir auf Weihnachten. Wir sind heute digital unterwegs, also sehen uns nicht wirklich. Aber ich sehe im Hintergrund deinen Weihnachtsbaum. Wie feierst du das Fest der Liebe mit Nina, mit allen anderen, oder das neue Jahr vor allem? Das ist recht spannend. Habt ihr schon Rechnungen aufgemacht, wer wo wann sein darf?
DN: Ja, das war echt eine lange Diskussion. Also dann geguckt, okay, klappt das und klappt das. Und dann haben wir gesagt: „Nein, das ist alles schwierig.“ Und wir machen es eigentlich so wie immer. Und zwar, wir treffen uns in der ursprünglichen Familie, also ich mit meinen Eltern und Nina mit ihren Eltern und halt ihren Geschwistern. Das ist eine schöne Sache. Und diesmal muss auch jeder dann dort schlafen, weil-, Ausgangssperre herrscht ja dann ab 21 Uhr. Das heißt, dann ist kein Heimfahren mehr danach. Aber das ist es ja. Aber nochmal so zu dem Stichwort Liebe. Und zwar, ich finde ganz spannend, und zwar viele versuchen ja, auch gerade an Weihnachten total lieb zu allen zu sein und es darf irgendwie auch überhaupt keinen Streit geben. Und ich kann mich da echt noch gut erinnern an ein Weihnachten, ich glaube, das war, sagen wir mal, vor vier, fünf Jahren. Und da hat es zwischen einem meiner Brüder und meinen Eltern so richtig Krach gegeben. Ich weiß nicht mehr genau, was es war. Aber da hing auf jeden Fall der Haussegen sehr schief Und einige Zeit später haben sie sich dann vertragen und wir haben auch dann offen mal drüber geredet. Wir waren dann alle im Kreis gestanden und haben dann einfach mal kurz gebetet miteinander. Und das hat für mich auch wirklich seitdem den Stress genommen, dass alles perfekt sein muss. Weil ich weiß, egal was passiert, wir gehen einfach danach wieder aufeinander zu. Und wir vertragen uns dann auch. Also das ist dann, finde ich, das ist beste Liebe. Es kann immer schwer sein und es kann immer mal was schiefgehen, aber irgendwie wieder zueinander zu finden, das ist es.
DG: Das gehört auch dazu, das Streiten. Man trifft sich an Weihnachten und kommt quasi mitten aus dem Alltag. Man weiß nicht, was der andere gerade mitbringt. Und dann, soll der Schalter umgelegt und alles perfekt sein. Eine traurige und doch realistische Beobachtung: Die meisten Inobhutnahmen, also wo wirklich Kinder aus Familien genommen werden also wo es wirklich die meisten Streitereien gibt, ist tatsächlich über Weihnachten. Weil die Familien in allen Konstellationen, meist einmal im Jahr zusammenkommen und sozusagen alles, was sich aufstaut kommt da zusammen. Und jeder hat diesen Perfektionsanspruch. Dann eskaliert es. Deswegen ist die Telefonseelsorge im Vierundzwanzigstundendienst. Also wirklich, die heißesten Phasen für sämtliche Kriseninterventionsdienste, kein Scheiß, die da letzten Endes tätig sind, ist Weihnachten. Das ist, weil dieser Perfektionismus mit „alles muss super sein“ auch wenn es in diesem Jahr nicht super ist, auch einen Druck erzeugt.
Aber umso schöner, dass dann bei dir oder bei euch da auch tatsächlich vertragen und eben nicht dieser gespielte Weihnachtsfriede ist. Anderer Aspekt. Weihnachten ist Gottes Ankunft in dieser Welt. Ein großer, starker Satz. Welche Rolle spielt für dich oder für euch Glaube an diesem Fest, also jetzt ohne Kirchgang in dem Jahr? Hat der eine Rolle oder ist es eher schwierig .
DN: Ja. Also ich weiß nicht, wie es dir da geht. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, das ist vielleicht dieses Jahr nicht ganz so krass wie jetzt so die letzten Jahre. Weil jetzt so momentan die Geschäfte geschlossen haben und einfach irgendwie alles ein bisschen ruhiger ist. Aber ich finde es generell schon schwer, sich auf den Kern von Weihnachten dann zu konzentrieren wirklich, also auf die Geburt Jesu und auch darauf, das zu feiern. Klar, ist mir das präsent, aber da drücken sich einfach diese Geschenke total in den Vordergrund in dieser Vorweihnachtszeit. Alle Fragen nach: „Hast du schon alle-?“
DG: Wir werden ja auch gezwungen dazu ein Stückchen weit. Also gefühlt schon nach, sage ich mal, den Herbstferien geht es schon los und du kannst quasi shoppen.
DN: Und das ist dieses Jahr irgendwie ganz anders. Das ist es-, wenn du es jetzt halt nicht geschafft hast, okay, hast du ein Problem, dass du keine Geschenke mehr hast. Aber dieser Druck ist, finde ich, dieses Jahr nicht ganz so da und deswegen nicht ganz so präsent. Aber ich meine, diese Geschenke und das Schenken ist an sich ja eigentlich was Schönes. Ich schenke auch gerne und ich freue mich auch über Geschenke. Aber es ist einfach sehr präsent. Und ich versuche da ein bisschen so, zum Beispiel mit Leseplänen von so einer Bibel-App mich ein bisschen gedanklich vorzubereiten. Da gibt es vom ersten Dezember bis zum 24. jeden Tag so eine kurze Andacht. Und ich finde wirklich erst am Tag selbst mit dem Besuch der Kirche wird Weihnachten dann auch mehr Raum einnehmend. Und dann auch beim Abendessen. Wir haben echt ein schönes Ritual. Wir stehen immer mit der Familie so in der Küche und machen dann Vorspeise oder Hauptspeise zusammen. Und dann gibt es eine Flasche Champagner und wir stoßen dann gemeinsam auf Jesus an, auf das Geburtstagskind. Das ist für mich einfach so, einfach ein Ritual und das ist dann so, wir feiern dann aber auch den Geburtstag, dass er auch im Mittelpunkt steht, dann können wir auch auf ihn anstoßen.
DG: Das ist ganz spannend, weil du das gesagt hast mit diesem sich Vorbereiten oder dem Verlorengehen. Guter Freund von mir, der ist orthodox, und die haben ja wirklich eine Fastenzeit davor. Also die bereiten sich richtig innerlich auch vor. Das ist auch ganz spannend, weil die nicht sofort alle Produkte fasten, sondern erst gibt es kein Fleisch mehr, dann keine Fischprodukte wie z.B. Brhe mehr, dann keine Eieweiß-Produkte und dann am Ende halt zwei Tage oder drei, ich weiß nicht, wie lange sie das machen, aber halt dann gar nichts mehr.
Und das ist eben auch so eine innere Einkehr, Umkehr und dieses Vorbereiten. Und das finde ich, ist bei uns seit den lutherischen Christen, die wir aufs Wort fixiert sind, halt irgendwie punktuell, wenn überhaupt, noch auf den Heiligen Abend fixiert. Aber diese Ankunft, dieser Advent, ist eben mit Konsum oder mit letzten Endes Weihnachtsgeschenke einkaufen komplett überfrachtet und nur auf den Heiligen Abend konzentriert. Und auch da geht der Gottesdienst nicht länger als 50 Minuten. Bei den orthodoxen dauert die Messe, also der Gottesdienst, zwei-, zweieinhalb Stunden. Es dauert ewig lang.
DN: Ja, in der Bibel wird ja auch viel über Nächstenliebe gesprochen. Aber gibt es eigentlich auch Passagen über die partnerschaftliche Liebe, wie wir vorhin darüber gesprochen haben?
DG: Ja, das bekannteste Buch ist das Hohe Lied der Liebe. „Mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen, auch Ströme schwemmen sie nicht hinweg.“ Und das zeigt, wie kraftvoll Liebe ist. Im Matthäus-Evangelium wird dann gesprochen, wie Liebe uns verbindet. „Sie sind aber nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch.“ Das kennt man von der Hochzeit. „Was aber Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht mehr trennen.“ Und meine persönliche Lieblingsbibelstelle ist aus dem Brief an die Korinther: „Die Liebe ist langmütig. Die Liebe ist gütig, sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf, sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem Stand.“
DN: Ja, das finde ich schön. Und gibt es etwas, was alle Aussagen auch gemeinsam haben?
DG: Naja, ich denke, es zeigt sich, dass die Macht der Liebe etwas ganz Großes ist, die schwer zu beschreiben ist. Eine Macht, die einen persönlich und mein Gegenüber verwandeln kann. Eine Macht, die Menschen verändert und auch ihre Situation verändern kann. Sie kann das Leid oder das Gefühl von Allein- und Verlassen sein umwandeln in das Gefühl, dass ich angenommen bin. Also wenn man das kennt, was du vorhin noch erzählt hast, dass man nach einem Streit zusammensteht und betet, was ist das für eine Kraft oder für eine Macht, die Situationen zu verändern. Und ich denke, jeder der schon mal frisch verliebt war, kann das, denke ich, bestätigen. Da fühlt man sich dann in einer anderen Welt und man fühlt sich wie neugeboren.
Die Bibel mahnt uns auch, wie wir mit der Liebe umgehen sollen. Den Partner nicht ausnutzen, wertschätzen, und in meinem Lieblingsbuch, der Kleine Prinz, steht zur Liebe: „Was du dir vertraut gemacht hast, für das bist du Zeit deines Lebens verantwortlich.“ Das heißt, wenn du jemanden als Partner hast, dann öffnet der sich dir, da gibt es sich dir auch hin und ich denke, dann wird man auch verletzlich. Das kennen wir auch. Das heißt, ich bin verantwortlich für den Menschen, mit dem ich eine Beziehung eingehe.
Und das fehlt mir manchmal so ein bisschen. Ich will es gar nicht schimpfen oder so. Aber oft geht es dann um Selbstversicherung, was darf ich noch, dass ich Druck aufbaue und sage: „Wenn du mich liebst, dann machst du das und das.“ Oder sich bei kleineren Streitigkeiten dann getrennt wird. Oder es wird damit gedroht. Das finde ich sehr schade, weil-, da wird Liebe in eine Abhängigkeit umfunktioniert und pervertiert. Nein, das kann nicht funktionieren. Wenn ich mal an den Vers aus dem Korintherbrief denke. Die Liebe, die wirklich Liebe ist, ist langmütig, gütig, ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie nimmt sich zurück, sie ist diskret und lässt den anderen sein, auch so wie ich bin, dass ich mein Badehandtuch liegen lasse, mein Zeug in der Wohnung verteile. Nein, tatsächlich nicht, das möchte ich ausdrücklich erwähnen. Das mache ich nicht. Aber ich lasse tatsächlich meinen Badvorleger immer liegen, weil ich zu faul bin mich zu bücken. Nach meinem Bandscheibenvorfall bin ich so ein Invalide.
DN: Ja, wir feiern jetzt ja Weihnachten, also du hast es ja vorhin auch schon gesagt, das ist das Fest der Liebe. Aber warum wird das eigentlich so genannt?
DG: Wir haben vorhin gehört, dass die Liebe was ganz Besonderes ist. Das da eine Kraft ist, die verändert. Und Gott ist der Ursprung aller Liebe. Der Ursprung und das Ende dieser Kraft Das ist das, was wir an Weihnachten feiern. Ich fand es ganz spannend, ich habe ein Buch gelesen und da stand drin, dass eigentlich Liebe etwas Irrationales ist. Das heißt, eigentlich teilst du dir erstmal sämtlichen Besitz, das heißt, dir gehört mit der Hochzeit nur noch die Hälfte. Das heißt, man macht sich gegenseitig Geschenke, verschenkt sein Geld, stresst sich bereits im Herbst für das richtige Geschenk. Man verbringt Zeit mit der kranken Partnerin, obwohl man ins Stadion gehen können oder die Zeit allein besser verbringen könnte. Liebe ist somit weder effektiv noch rational. Und ich fand es ganz spannend. Der Philosoph Thomas Nagel hat in seinem Buch Geist und Kosmos, von dem ich gerade schon zitiert habe gesagt, dass man naturwissenschaftlich fast alles erforschen kann. Mit zwei Ausnahmen, das fand ich ganz spannend. Einmal den Geist des Menschen, also das Schöpferische und Kreative. Zum Beispiel, wenn du ein Bild malst. Hast du schon mal ein Bild gemalt? Du malst erstmal nur ein paar Striche oder Punkte je nachdem. Doch was wir darin erkennen, was uns begeistert, was uns bewegt, dass ist das Schöpferische. Du schaffst mit jedem Bild etwas Neues, aufgrund deiner Kreativität und dies passiert im Austausch mit dem Betrachter, sprich was dieser erkennt. Und genau diese Kreativität kann man naturwissenschaftlich nicht beweisen oder nachgewiesen werden. Das zweite und das passt zu unserem Thema ist die Liebe. Man kann zwar neurophysiologisch nachweisen wie Liebe geschieht, welche Neuronen mit welchen Neurotransmittern gemeinsam agieren. Aber das Warum der Liebe geschweige denn – theologische gesprochen – das woher, das kann wissenschaftlich mit keinen Methoden nachgewiesen werden.
Und Thomas Nagel ist kein Christ und doch sagt er, dass der Geist und die Liebe aus etwas Größeren hervorgehen muss. Das eben dieses Schöpferische und diese verschwenderische und irrationale wie es nur die Liebe eben hervorbringt einen höheren Ursprung haben müssen, der nicht erforschbar ist. Und für uns Christen ist dieses Größere Gott.
DN: Okay. Und wo kommt da jetzt genau Weihnachten im Spiel?
DG: Na ja, wir sagen, es ist der Heilige Abend. Ein Zitat unseres Kirchenvaters Martin Luther, das ich ganz schön finde lautet. „Christus kommt nicht so, dass er äußerliche Dinge ändern oder seine Schöpfung zerstören oder anders machen wolle. Das aber ist die rechte Änderung, welcher Christus gekommen ist. Dass ein Mensch inwendig im Herzen anders werde.“
Das ist, finde ich, die Botschaft von Weihnachten. Das wir inwendig, sprich ehrlich, im Herzen anders werden. Gott kommt in unsere alltägliche Lebensbezüge als eine Macht, die unsere Herzen öffnen und uns verändern will. Ein bekanntes Zitat, aus dem Film Herr der Ringe, ich habe es auch schon ein paarmal gesagt, aber ich finde, es beschreibt viel schöner als alles, was man ewig theologisch reflektiert. Da sagt Gandalf der Graue zu Frodo Beutlin: „Ich bin die Macht, die die Herzen entflammt und sie vereint. Ich bin Erbarmen und ich bin der Wille, Gutes zu tun. Ich bin nicht die Macht, die Gewalt mit Gewalt begegnet.“ Ich zitiere nochmal: „Ich bin die Macht, die die Herzen entflammt und sie vereint. Ich bin Erbarmen und ich bin der Wille, Gutes zu tun.“ Und ich finde, das ist genau die Macht, die sich auch an der Krippe zeigt. Tolkien war Christ und er sagt, da ist eine Macht, die Herzen in Brand stecken, die vereinen will. Und indem Gott Kind wird, wendet er sich uns Menschen zu. Er berührt seine Welt. Die Hirten gehen hin und berühren das Kind ja tatsächlich auch. Die Könige und viele weitere lassen sich dann anstecken von der Botschaft. Von einem kleinen Kind aus Bethlehem. Wir erzählen das heute noch, wir feiern das heute noch. In der Krippe beginnt so ein neuer Bund mit den Menschen. Jesus will von dieser ganzen Liebensunwürdigkeit der Welt, von Corona, von der ganzen Scheiße gar nichts wissen. Sondern Gott blickt anders auf die Welt. Er blickt auf ihre Bewohner mit einem anderen Bild. Auf eine liebevolle Art. Der Mensch, ich, und ich denke, wenn jeder ehrlich zu sich selbst ist, macht auch mal Fehler. Hatten wir vorhin auch erzählt, wir sind nicht perfekt und müssen wir auch nicht. Wir scheitern an uns, an dem, was wir unserem Nächsten schuldig sind, wir mögen nicht alle, wir lästern. Auch wenn wir Menschen der Kirche sind, David, auch wir lästern manchmal. Darf ich das jetzt so sagen, ich weiß es nicht. Aber Jesus ist es auch egal: Er sagt zu mir, „Ich finde es zwar nicht in Ordnung, aber trotzdem bist du gut und ich erlöse dich. Und das schlicht aus Liebe.“
DN: Was glaubst du, wo wir dann in dieser Welt einfach noch diese Liebesdefizite dann auch haben?
DG: Als ich das geschrieben habe, wäre das mein persönlicher Zettel gewesen. Ich wollte es schon so aufschreiben, das wäre so eine große Abrechnung mit allem gewesen. Aber ich glaube, so führt es auch zu nichts. Die Welt ist wie sie ist.
DN: Da gibt es doch so einen Pulli, wo draufsteht: „Mehr Liebe“, glaube ich?
DG: „Mehr Liebe“, ja, den hat die Franzi im Übrigen auch, falls sie zuhört. Genau. Und noch ein paar andere, glaube ich. Wer hat den Pullover eigentlich gemacht? Ich überlege gerade. Patrik glaube ich, ich weiß es nicht. Irgendjemand den wir auch kennen, hat sich die Markenrechte daran sichern lassen. Nette Idee. Wir werden nicht alle von einer besseren Welt überzeugen. Und ich merke das auch, je mehr man mit Politikern und anderen in leitender Verantwortung spricht, es geht eigentlich erstmal ums eigene Überleben. Es geht ums eigene Ansehen, das nicht zu beschädigen und ja, dann kann man etwas geknickt, so geht es mir auch immer, auf diese Welt sehen. Deswegen habe ich auch bewusst ein Kreuz im Büro hängen. Weil ich weiß, es ist nur die vorletzte aller Welten. Und als Christ sehe ich über die Welt hinaus. Und ich weiß, Gott liebt und wir werden irgendwann alle heil. Und weil ich das weiß, dass es nicht mit dieser Welt zu Ende ist, verändert sich mein Leben und dadurch wird Gott in mir. Indem er uns gerade nicht ändern will, sondern indem er uns verschont, eben keine Bedingungen setzt. Wir müssen nicht fromm sein, wir müssen keine Leistung bringen. Er lässt uns einfach in Ruhe, er lässt uns sein wie wir sind. Und deswegen macht er uns frei, und zwar jeden von uns. Und gleichzeitig ist es schon so, wenn du davon sprichts Liebesdefizite, wir brauchen schon Menschen, die auch diese Botschaft Gottes weitersagen. Und ich muss es so deutlich sagen, wenn ich diese Woche gelesen habe, dass man bewusst in Flüchtlingslagern kleine Kinder und Familien, die von Ratten gebissen werden, eben in diesen Lagern lässt und das auch so formuliert, als Abschreckung für andere, dass nicht noch mehr kommen, da wird mir kotzübel. Und ja, eine Welt, in der diese Interessen über Solidarität und Menschlichkeit gestellt werden, da braucht es auch Menschen die Botschaft von Weihnachten weitererzählen. Das ist die Geschichte vom Kreuz, beginnend an Weihnachten: Es ist eine Hoffnungsgeschichte von der Auferstehung. Dass all das Leid, der Schmerz und auch der Tod Gott selbst nichts anhaben kann. Dass alles Böse und selbst der Tod nichtig ist. Nichtig bedeutet, dass es bedeutungslos ist. Dass Gott größer ist. Und das Coole, finde ich ist, dass es eine Hoffnung ist, die vor 2.000 Jahren in einem ganz, ganz kleinen Stall in Bethlehem begonnen hat und das dieses kleine Kind in Bethlehem meinem Leben auch heute noch einen Sinn, Halt und vor allem auch eine Zukunft gibt. Und deswegen finde ich, gerade in dem Jahr, wo alles vielleicht anders, schwierig war, den Satz aus der Weihnachtsgeschichte, wo die Engel den Hirten verkünden, so passend und hoffnungsvoll: „Fürchtet euch nicht. Siehe, ich verkünde euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird. Denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr.“ Ich finde diesen Satz, passender als zu keinem anderen Jahr.
DN: Ja, cool. Danke schön. Und wir wünschen euch jetzt frohe Weihnachten. Ich hoffe, ihr habt eine wunderschöne Zeit in der Familie oder wie ihr es auch immer feiert. Und wir haben euch einfach super, super gerne durch diese Coronazeit jetzt begleitet. Und für uns geht natürlich jetzt auch ein erstes Jahr Podcast zu Ende. Rückblickend war es eine coole Zeit. Wir haben über viele Dinge sprechen können. Hat auch gutgetan, einfach mal tiefer zu graben. Wie geht es weiter 2021? Wir haben einiges geplant. Wir wollen mal spannende Gäste aus Politik, aus Sport und Gesellschaft einladen.
DG: Das hört sich voll groß an. Das hört sich voll groß an.. Im Notfall nehmen wir irgendwen, wir finden schon irgendwen, der uns unterhält.
DN: Ja, wir müssen ja auch große Ziele haben. Und das ist halt so. Aber wir freuen uns drauf. Wir freuen uns vor allem auch, dass es weitergeht. Es war erstmal ein Projekt eigentlich. Aber wir haben gesagt, wir machen jetzt erstmal weiter. Aber jetzt erstmal: Schöne Weihnachten.
DG: Jawoll, frohe Weihnachten euch und dann bis zum nächsten Jahr. Ciao, Ciao.
DN: Tschüss.
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